Verkaufen verbindet.

Was zunächst wie ein Manko klingen mag, ist für mich die Grundlage meiner Arbeit: Ich kann niemandem etwas verkaufen, der völlig anders ist als ich. Glücklicherweise ist aber niemand völlig anders.

 

Auch ich habe die naive Unbeschwertheit, den Optimismus, die Aufbruchsstimmung eines Teenagers in mir. Ich spüre immer häufiger die ruhige, erfahrene Ausgeglichenheit eines Golden Agers. Auch ich kenne den Druck, der auf einem Unternehmensentscheider lastet. Selbst wenn ich keine Kinder und kein Haustier habe, weiß ich doch, was die enge Bindung zu einem anderen Lebewesen mit uns macht. Ich muss keinen Sportwagen, keine Yacht und kein Ferienhaus besitzen, um zu wissen, dass uns diese Dinge eine Menge Spaß machen können.

 

Natürlich ist das nicht alles gleichzeitig und zu gleichen Teilen in mir präsent, sonst müsste ich dafür wahrscheinlich professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Ich erlaube mir aber dann und wann, auch diejenigen meiner Persönlichkeitsanteile zu entdecken und kultivieren, die hierzulande aus dem soziologischen und psychologischen Raster eines Mannes in meinem Alter herausfallen. Mit anderen Worten: Ein Stück meiner Zielgruppe, meines Adressaten, meines Kunden findet sich meist auch in mir wieder. Ich muss es nur hervor holen, es in den Raum stellen, mit ihm sprechen, ihm zuhören. Du bist dran – erzähl mal.

 

Ein guter Verkäufer liest seinen Kunden. Er hört ihm nicht nur zu, er hört in ihn hinein. Unsere Gedanken an einen erfolgreichen Geschäftsabschluss, an unseren Umsatz, an unsere Provision sollten wir an dieser Stelle tunlichst hintan stellen. Diese Gedanken haben ihre Aufgabe bereits erfüllt. Sie haben uns in den Dialog mit dem potentiellen Käufer gebracht. Ab jetzt können sie nur noch stören.

 

Wir alle spüren, wenn aus Beratung Überredung wird. Wenn unser Gegenüber zudringlich wird, unsere Zweifel abwiegelt, unseren Fragen ausweicht. Uns allen ist der Interessenskonflikt, die Kluft zwischen unseren Rollen als Konsument und Verkäufer bewusst. Wir alle haben schon falsch konsumiert und zu spät gemerkt, dass wir damit in Wahrheit nur kompensiert haben. 

 

Was wirklich zählt, ist schlicht und einfach Empathie. Tun wir für einen Moment so, als ob es für uns keinen Unterschied machen würde, ob dieser Kunde von uns kaufen würde oder nicht. Tun wir so, als sei er unser Freund oder ein Familienmitglied. Tun wir so, als sei uns einzig und allein daran gelegen, ihn glücklich und zufrieden zu machen. Allerdings sind die meisten von uns nicht wirklich gut im So-tun-als-ob. Und das ist gut so, denn das gibt uns die Chance, es wirklich zu tun.

 

Erinnern wir uns an das frustrierende Gefühl, in einem großen Baumarkt zu stehen und nach der Lösung unseres Problems zu suchen – eine bestimmte Schraube, ein bestimmtes Werkzeug – und niemand ist da, den man fragen könnte. Erinnern wir uns, wie es war, als wir unser erstes eigenes Auto kauften – die Verwirrung, die Aufregung, dieser Traum von Freiheit. Erinnern wir uns an diejenigen Dinge, die uns auch später noch immer wieder Freude bereitet haben – einfach nur, weil uns bei ihrem Kauf jemand zur Seite stand, der es gut mit uns meinte. Warum sollten wir unseren Kunden um seine Freude betrügen? Das ist nicht ok. Weder wirtschaftlich noch moralisch.

 

Mein bester Freund ist seit fast dreißig Jahren Verkäufer in einem High-End-Geschäft – ein verdammt guter Verkäufer. Er liebt die Musik und hat damit schon einmal eine grundlegende Gemeinsamkeit mit fast jedem, der den Laden betritt. Darauf baut er auf. Welche Stilrichtung mögen Sie? Wann und wo hören Sie was? Wie leben Sie, was bewegt sie – wer sind Sie? Und warum sind Sie heute hier?

 

Er holt jeden Kunden ab, fühlt sich in ihn hinein, liest seine Geschichte. Ich habe seine Kunden gesehen, die den Laden überfordert, distanziert und gestresst betreten haben und von denen im Laufe des Gesprächs der Argwohn, der Zweifel, die Unsicherheit abfielen wie ein zu enges Kleidungsstück. Sie wurden gefragt, gehört, gesehen. Sie trafen auf jemanden, dem sie nicht egal waren, der um die Macht des für sie Richtigen wusste. Jemand, mit dem sie etwas verband.

 

Genau darum geht es. Mag uns das nun passen oder nicht: Wir sind miteinander verbunden. Lassen wir es zu. Arbeiten wir damit. Stellen wir es in den Raum. Schauen wir zu, was daraus wächst. Ein guter, ein wirklich guter Deal ist mehr als das Geld, das dabei fließt. Er ist die Manifestation von Verstehen und Vertrauen – eine Verbindung.

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